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AutorenbildWandermeile

Hundespaziergang im Regenwald


Der letzte Blog schrieb ich aus einem Winterwochenende und dieses Mal sitze ich im Dezember in kurzen Hosen, T-Shirt schwitzend auf dem Balkon des Studentenwohnheimes in Tena, Ecuador. Was für ein krasser Unterschied! Vor drei Tagen in  Zürich bei Schneegestöber abgeflogen und in Ecuador im Sommer gelandet. Am Flughafen in Quito traf ich endlich Hanspeter wieder. Drei Monate sind vergangen, seit  wir uns in Zürich tränenreich verabschiedet haben und jetzt endlich sind wir wieder für drei Wochen zusammen.  Hanspeter arbeitet als Volontär in einem Studentenwohnheim in Tena und hilft bei der Betreuung von neun Jugendlichen mit. Er ist zuständig für die Aufgabenhilfe  der Schüler. Sechs Jungs und drei Mädchen im Alter zwischen 12 und 18 Jahren wohnen  während der Woche hier.  Am Wochenende gehen sie heim zu ihren Eltern in den Regenwald.

Mein erster Spaziergang da in Tena ist mit Osa, dem Hund des Hauses. Wir verlassen das Wohnheim auf ungeteertem Weg Richtung Stadt. Auf einem dürren Feld, da spielen die Kinder am Abend Fussball, macht Osa schon mal das grosse Geschäft. Dies lassen wir liegen. So wird es da gemacht. Wir kommen an den Stadtrand auf gepflästerter Strasse. Etliche Pflastersteine fehlen und ein konzentrierter Blick auf den Boden während dem spazieren macht Sinn sei es wegen der Löcher aber auch wegen Hundekot.  Es hätte auch ein Trottoir aber dies ist meistens nicht begehbar, da es eher wie ein Bergweg aussieht mit  riesigen Löchern, losen Steinen und Absätzen. Osa haben wir an der Leine gibt es da doch relatv viel Verkehr, Taxis, Autos und auch der Ortsbus fährt hin und her.

Die Häuser wechseln ab von ganz einfachen Bretterhäusern mit Wellblechdächern bis hin zu moderneren gemauerten Häusern. Fast bei jedem Haus kläfft, knurrt oder bellt ein Hund. Wir sind froh um alle, die hinter Gitter sind. Osa macht sich nichts draus und trottet ruhig an unserer Seite.

Wir biegen von der Hauptstrasse ab auf eine Nebenstrasse, über den Rio Pano und leicht bergauf wieder  ungeteert raus aus der Stadt. Osa darf von der Leine.

Da gibt es Bananenbäume mit roten Blüten, die aussehen wie der Schnabel eines Papageis. Ich zücke den Fotiapparat. Spannend sieht es  aus und die unbekannte Flora gibt etliche Fotosujets.  Hibiskusblüten, weisse grosse Blumen, wie Lilien, viele Pflanzen, die es bei uns nur in den Gewächshäuser oder als Zimmerpflanze gibt sind da in üppiger Vielfalt. In all dem grün immer wieder Behausungen. Die Menschen leben draussen und im Haus drin sind kaum Möbel. Fensterglas gibt es nicht, ist auch nicht nötig. Da es da warm bis schwülheiss ist. Ein grobmaschiges Gitter schützt vor Ungeziefer. Auch das Studentenheim Llakta Kawsana Wasi, wo Hanspeter arbeitet, ist fensterlos. Daher auch etwas laut zum Schlafen. Das Zirpen der Grillen, das Quaken der Frösche, Regentropfen, die auf das Blechdach trommeln, das Krähen der Hähne, das Bellen der unzähligen Hunde, das Knattern der Motorräder oder der Motorenlärm lässt den Schlaf etwas unruhig werden. 

Auf unserem Spaziergang mit Osa kommen wir immer mehr in den Wald. Wir laufen auf einer Schotterstrasse und auf beiden Strassenseiten erstrecken sich Bäume, Pflanzen, Blätter in allen Formen und Grössen.  Passieren wir eine Behausung, kommen mehrere Hunde, in mehr oder weniger freundlicher Absicht,  rennend auf uns zu. Hanspeter kennt sich da schon recht gut aus und weiss welche Hunde unbedenklich sind und wo Vorsicht geboten ist. Ich bin immer froh, wenn die Hunde den Schwanz wieder einziehen und zurück zum Haus gehen. Auch Osa wirkt zufrieden, wenn sich die Hunde wieder verziehen. Hanspeter hat die südamerikanische Art gelernt, sich gegen die wilden Hunde zu wehren. Sobald Einer zähnefletschend zu nahe komme, helfe es, einen Stein vom Boden aufzuheben. Dies lasse ihn abzotteln. Wir haben diese Massnahme heute morgen nicht gebraucht, zum Glück.

Wir erreichen einen Fluss, mit klarem grünen Wasser und schönen Sandstränden. Hier wird von Einheimischen die Wäsche gewaschen und auch gebadet. Gerne würde ich auch ein Bad nehmen, ist es doch in der Zwischenzeit schwülwarm und das Wasser sieht verlockend aus. Aber das Wissen, dass alles Abwasser in den Fluss geleitet wird hält mich noch etwas vom Badevergnügen ab. Mal sehen, vielleicht werde ich mit der Zeit noch etwas mutiger. Osa geniesst die Abkühlung und schwimmt vergnügt den geworfenen Stecken nach. Sie wälzt isch anschliessend genüsslich im Sand. Da seien viele Sandflöhe, weiss Hanspeter aus eigener Erfahrung und ich tripple etwas nervös im Sand hin und her.

Weiter gehts neben Häuser durch mit vielen Hunden. Es wäre spannend gewesen die Hunde, die uns auf unserem Rundgang begegnet sind, zu zählen. Gefühlte hundert sind es schon!

Hanspeter kennt in der Zwischenzeit Osa recht gut und warnt mich bei einer Häusergruppe vor. Da werde Osa nicht wie sonst friedlich neben den Hunden durch zotteln sondern sich auch durch bellen und knurren bemerkbar machen. Und genau so ist es! Hinter einem Zaun bellen mindestens vier Hunde in verschiedenen Grössen, hüpfen wütend dem Zaun entlang hoch, zeigen die Zähne, stellen das Nackenhaar und sehen doch sehr bedrohlich aus. Osa ist nicht zu halten und springt auch am Zaun hoch und zeigt was in ihr steckt. Bald geht sie aber weiter  und sieht dabei sehr zufrieden aus. Ob es ihr Spass gemacht hat, mit den anderen Hunden den Ton anzugeben?

Bald schon kommen wir verschwitzt und durstig zurück zum Studentenwohnheim. Ein Spaziergang durch eine andere Welt: Kurz vor Weihnachten, nass geschwitzt, viel fremdes Vogelgezwitscher im Ohr, farbige Blüten bewundert und unglaubliche Wohnverhältnisse gesehen. Ich freue mich auf den morgigen Spaziergang mit Osa.


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