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  • AutorenbildWandermeile

Allein


Hanspeter hat's irgendwie besser im Griff als ich. Bis jetzt war immer strahlender Sonnenschein wenn er mitwanderte, und sobald ich wieder alleine unterwegs war, schlug das Wetter um. Musste ich das Wanderleben aus terminlichen Gründen unterbrechen, und reiste nach hause, zeigte sich wieder die Sonne. Ich habe bis jetzt schon reichlich Erfahrungen gesammelt mit dem schweizerischen Frühlingswetter. Sonne, Nebel, Schnee, Regen in allen Sprühformen, wolkig bis stark bewölkt, warm, sommerlich heiss, winterlich kalt... alles schon gehabt. Manchmal wechsle ich mehrmals täglich die Kleider. T-Shirt Wetter, plötzlich Wind und Wolken, Zeit für die Bluse, Sprühregen, Regenjacke muss her, der Regen wird stärker, Regenhosen mühsam über die Wanderschuhe streifen, bald wieder Sonnenschein, viel zu heiss in der Regenmontur, alles wieder ausziehen... und das mehrmals täglich.

Wenn ich tagelang alleine unterwegs bin habe ich viel Zeit meine Gedanken schweifen zu lassen. Oftmals sind es auch Fragen, die ich probiere zu beantworten. Fragen bezüglich der Natur, der Fauna und Flora unterwegs. Zum Beispiel raschelt es oft geheimnisvoll im Laub neben dem Wanderweg. Sind das Mäuse oder Vögel? Oder Waldwichtel? Blumen, Pilze oder Gräser würde ich gerne bestimmen; Vögel kennen; die vielen verschiedenen Vogelgezwitscher auseinander halten; was wurde in den Feldern angesät und warum liegt die Kuh bei der Pedicure.. Solche praktischen Fragen nehmen schon viel Zeit in Anspruch an einem Wandertag.

Natürlich verschwende ich auch viele Gedanken ans Gehen, an den Weg. Wie weit noch bis ins nächste Dorf? Wann folgt die Abzweigung? Geht es da vorn den Berg hoch oder kann ich im Tal bleiben? Ist diese langweilige Betonstrasse wirklich mein Weg? Bin ich überhaupt noch auf dem Wanderweg...?

Auch über philosophische Fragen habe ich nachgedacht: Zum Beispiel ob es wichtig ist, im Leben Spuren zu hinterlassen. Wenn ja, was für Spuren? Sichtbare? Unsichtbare? Nachhaltige? Vergängliche? Da muss ich noch lange wandern um in solchen Fragen Klarheit zu bekommen.

Als ich oberhalb vom Dorf Burg im Leimental, bei einem schönen Friedhof sass und mir überlegte ob es in Zukunft überhaupt noch Friedhöfe geben wird, mit einzelnen Gräber, die liebevoll von Angehörigen des Verstorbenen gepflegt werden. Wird da mit dem Generationenwechsel auch die Form des altbekannten Friedhofs wechseln? Wird es Gemeinschaftsgräber geben oder Urnenwände? Was beduetet für mich ein Friedhof?

Es gibt aber auch Moment, in denen ich viel Zeit investiere um Fotos zu machen. Zum Beispiel mit dieser Badewanne oben im Bild. Zuerst musste ich sie entleeren, da sie mit Regenwasser gefüllt war, dann schleifte ich sie an einen fotografisch idealen Ort, baute ein Stativ aus Holz für den Fotoapparat auf und musste in den 10 Sekunden des Selbstauslösers in die Badewanne hechten. Dies wiederholte ich einige male. Wenn ich mit zuviel Schwung in die Wanne stieg, kippte diese beinahe. Auch konnte ich nicht absitzen, da der Boden voller nasser Blätter und Schmutz war. So sehe ich leider nicht sehr entspannt aus bei meinem Bad in freier Natur. Auf jeden Fall habe ich die Zeit, mit meiner Badewannen-Foti-Session, etwas aus den Augen verloren und musste noch einen Schlussspurt nach Goumois einlegen, um das Postauto zu erwischen.

Ich unterbreche die Rundum Tour für zwei Wochen, packe unseren VW Bus und reise mit meiner Schwester durch den Süden von Italien. Das heisst: zwei Wochen Wandermeile Funkstille. Tschüss und bis später.


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