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  • AutorenbildWandermeile

Mit oder ohne Zelt?


Zwei Tage frei, wunderbares Spätsommerwetter, was liegt näher als Wanderschuhe schnüren und los marschieren, eine weitere Etappe unserer angefangenen Röstigrabenroute. Ich bin unsicher, ob es sich lohnt für zwei Tage Zelt, Matte und Schlafsack mitzuschleppen oder ob es nicht einfacher wäre mir ein ein Hotelzimmer zu gönnen. Ich wäge ab mit Vor- und Nachteilen und entscheide mich für das Bequeme, das Zimmer. Zum Glück rufe ich am Abend vorher noch in L' Etivaz im Hotel Le Chamois an um das Zimmer zu reservieren. Sie haben Wirtsonntag und geschlossen. So ist klar, ich packe die Campingausrüstung in den Rucksack und reise am nächsten Morgen früh mit Zug und Postauto auf den Col du Pillon. Da erwartet mich ein riesiger Parkplatz, ein Betonklotz, der die Talstation der Diableretsseilbahn ist und viele Ausflügler, die auf die Gondelbahn zu Glacier 3000 wollen. Das kleine, ältere Wirtshaus ist geschlossen und so steige ich ohne Kaffee den sonnigen Berghang hoch zum Lac Retaud. So ein trockener Sommer und ich stehe trotzdem schuhtief im Dreck. Die Kühe haben tiefe Löcher in den Weg gestampft, die sumpfig und nass sind.

Der Lac Retaud ist erstaunlich gut erschlossen. Eine Alpstrasse führt hoch zum See und jetzt am Morgen sind schon etliche Gäste da. Ich geniesse ein paar Minuten am Steg bevor das urchige Gasthaus oberhalb des Sees öffnet und ich doch noch zum obligaten Morgenkaffee komme.

Der Blick zum Oldenhorn und den den vergletscherten Diablerets ist gewaltig und die Bergstation, die am Felsen klebt imposant.

Ich steige weiter auf vorbei an der Alp Marneche mit jungen Ziegen, dick gemästeten Schweinen und einem spektakulären Weitblick nach Leysin und den umliegenden Bergen. Ich bin alleine unterwegs und begegne keiner Menschenseele. Der Aufstieg auf den Col de Seron ist sanft und auch wenn ich auf 2152m bin wandere ich über Alpwiesen. Am Fusse des Cape au Moine esse ich meine Brötchen und geniesse die Stille, die Fernsicht und das Unterwegssein. Es fühlt sich gut an.

Der Abstieg nach L'Etivaz ist steil und die letze Stunde wandere ich entlang einer geteerten Strasse. Ich bin froh als ich die paar Häuser von L'Etivaz erreiche.

Bei der einzigen Einkaufsmöglichkeit, dem Käsezentrum, frage ich nach einem geeigneten Zeltplatz. Die Chefin des Käseladens empfiehlt mir den Spielplatz zum Campieren, da sei sie Abwartin und das störe Niemanden, wenn ich da mein Zeilt aufstelle. Das Käsezentrum ist für mich ein praktischer Stützpunkt. Es gibt eine öffentliche Toilette mit Steckdose um das Handy zu laden, im Laden viele Leckereien für das Nachtessen und vor dem Laden einen schattigen Tisch. Als ich am Tisch sitze und eine Glace schlecke, gesellt sich eine junge Frau auch mit Rucksack zu mir. Wir kommen bald ins Gespräch. Auch sie ist zu Fuss unterwegs mit Zelt. Wir plaudern so gut es geht auf französich. Ich schlage ihr vor mit mir auf dem Spielplatz zu campieren. Sie will aber noch weiter Richtung Chateau d'Oex und so trennen sich unsere Wege. Ich verbringe den Abend vor der Kapelle, lesend in der Abendsonne. Ein herrlicher Ort, etwas erhöht über dem Dorf. Ein älterer Mann gesellt sich zu mir und fragt mich woher ich komme und wo ich schlafen wolle. Erst als die Sonne hinter den Bergen verschwunden ist, begebe ich mich zum Spielplatz, mitten im Dorf und stelle da mein Zelt auf. Der nahe Bach wird mein Badezimmer und ich geniesse das erfrischende Abendbad.

Gut erholt und ausgeschlafen begebe ich mich am Morgen zum Frühstück zum Käsezentrum. Mit dem ersten Postauto reist Hanspeter an und wir werden heute zusammen wandern. Wir kaufen uns ein feines Stück L'Etivaz Alpkäse und verlassen das kleine, gastliche Dorf im Pays d'Enhaut.

Steil steigen wir den Wald hoch und dann einem schönen Höhenweg folgend bis zum Col de la Jable. Eine schöne Trockenmauer, die sich zum Pass hinunterzieht bildet die Sprach- und Kantonsgrenze. Waadt und Bern.

Wir steigen weiter hoch zum Trittlisattel. Die Felszacken der Videmanaette sehen unnahbar und steil aus. Die Bergstation der Seilbahn thront fast zuoberst auf dem Rocher à Pointes. Wir entscheiden uns mit der Bahn ins Tal nach Rougemont zu fahren. Ist doch schon in einer Stunde mit Regen und Gewitter zu rechnen. Kaum zu glauben, erst ein paar unscheinbare Wolken bedecken den blauen Himmel. Schnell checke ich auf dem Handy wie der Fahplan der Gondelbahn ist und muss mit Schrecken feststellen, dass die Bahn vor zwei Tagen den Betrieb eingestellt hat. Das heisst für uns noch gut 3 Stunden Wanderzeit. Jetzt aber los bevor es regnet.! Fast auf die Minute genau, wie der Regenradar vorausgesagt hat, fallen die ersten Regentropfen. Wir wollen die Regenkleider anziehen, als der Himmel die Schleusen öffnet und es fallen riesige Regentropfen und bald regnet es in Strömen. Es blitzt und Donner grollen und uns ist es etwas mulmig in den Bergen bei Gewitter unterwegs zu sein. Wir befinden uns aber nicht auf dem Grat und so beschliessen wir weiter zu gehen. Der Weg ist ausgesetzt und mit Ketten gesichert und bei diesem nassen Wetter erfordert es Vorsicht und Trittsicherheit. Bei der Alp Les Praz stehen die Kühe knöcheltief im Dreck und warten geduldig auf den Senn. Ob schon Zeit zum melken ist oder ob die Kühe wegen dem Gewitter heim gekommen sind ist nicht so klar.

Wir wandern ohne Pause weiter. Jetzt folgt der lange Abstieg nach Rougemont. Zuerst entlang eines befahrbaren Natursträsschen, das mehr oder weniger der Falllinie entlang angelegt wurde. Entsprechend steil sind gewisse Wegpartien. Inzwischen hat sich das Gewitter verzogen und die Sonne zeigt sich wieder und trocknet uns.

Nach vielen vernichteten Höhenmeter erreichen wir Rougemont und eine erlebnisreiche Wanderung entlang der Sprachgrenze geht zu Ende. Passend zu unserem Thema der Sprachgrenze, haben wir unterwegs zwei Frauen getroffen. Sie waren zusammen unterwegs. Eine Frau sprach französich die andere deutsch. Passt doch zu unserer Sprachgrenzenwanderung, oder?


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