Wandermeile
Via Alpina Trenta - Arnoldstein

Auch am nächsten Morgen hat sich meine Laune noch nicht verbessert. Meine Kleider sind nass, es hängt Nebel über dem Tal und so macht es keinen Spass zu wandern. Muderig und still und mit einer Schlechtelaune-Aura laufe ich los. Bald zeigt sich die Sonne und der Fluss Soca von seiner schönsten Seite. Türkis schimmert das Wasser und bei einer Hängebrücke hat es schöne Badebecken. Auch wenn es noch kühl ist, da muss ich ins Wasser! Schnell in das Badekostüm und rein in die Fluten. Aber so einfach ist es nicht. Es ist noch schattig an der Soca, die Luft frisch und das Wasser eisig. Mein Mut reicht nur für eine Abkühlung bis zu den Oberschenkeln. Aber meine Laune wird mit jedem Wassertropfen und Sonnenstrahl besser. Zwar brauchen wir gefühlt ewigs bis wir bei der Quelle der Soca ankommen, der Weg zieht sich in ständigem auf und ab, wir verirren uns und machen einen Umweg über einen Hügel. Aber bei Schokolade und einem Kaffee im Restaurant bei der Socaquelle fühle ich mich wieder purlimunter und gut gelaunt. Da treffen wir auch das erste Mal ein deutsches Paar. Auch sie schleppen grosse Rucksäcke, ob sie auch auf der Via Alpina unterwegs sind?
Der Aufstieg zum Vrsic Pass entlockt uns ein paar Schweisstropfen, aber geht wunderbar. Auch wieder etwas erstaunt sind wir, dass auf der Passhöhe so viel los ist. Töff- , Autofahrer und Schafe teilten sich den Parkplatz. Wir suchen uns einen etwas ruhigeren Platz auf Steinen und geniessen unser Mittagessen aus dem Rucksack und auch noch eine Glace. Der Weiterweg steigt hoch zum zweiten Sattel, auch hier noch viel Wandervolk mehr oder weniger grazil unterwegs. Noch eine letzte Pause und dann machen wir uns an den langen und steilen Abstieg. Wir kommen gut voran und stehen plötzlich vor einer engen Felsschlucht. Hier soll der Weg runter führen? Schritt für Schritt, von Stein zu Stein steigen wir runter, es ist rutschig, steil und fordert unsere volle Konzentration. Jeder Schritt muss sitzen und der Schweiss fliesst in Strömen, vor Anstrengung und vor Konzentration. In dieser schattigen, engen Rinne liegt sogar noch Schnee. Wir schaffen diese schwierige Stelle gut und erreichen schon bald die Hütte Tamar auf einer lieblichen Lichtung mit Kapelle.
Wieder mal gibt es Buchweizen, Sauerkraut und Wurst. Wie schon Tage vorher. Wenn man Sauerkraut und Wurst nicht grad als Lieblingsspeise hat, wie ich, ist die Speisekarte da in den slowenischen Hütten etwas langweilig. Aber nach einem Wandertag bin ich hungrig und esse brav meine Buchweizen.
Wir unterhalten uns mit den zwei Deutschen, die wir schon an der Socaquelle trafen und den ganzen Tag im Blickfeld hatten. Der Mann trägt farbige Kleider und daher auch von Weitem gut sichtbar. Wir haben gut geraten, auch sie sind auf der Via Alpina unterwegs. Wir plaudern auch mit einer deutschen Familie, die ein paar Tage in die entgegengesetzte Richtung auf der Via Alpina unterwegs ist und auch mit zwei Frauen hatten wir ein nettes Gespräch.
Das Frühstück können wir draussen einnehmen mit spektakulärem Bergblick. Ich bin mehr als zufrieden. Heute wollen wir die Grenze nach Österreich überqueren. Bei den Sprungschanzen von Planica schauen wir gebannt den kühnen Skispringer zu, die Sommerskispringen trainieren. Wow, diesen Mut könnte ich nicht aufbringen über diese schwindelerregenden Schanzen zu fliegen. Wir stehen lange da und staunen bis wir merken, dass wir ganz verschwitzt sind, da die Sonne schon um 9.00 Uhr unbarmherzig auf uns hernieder scheint.
Lange wandern wir einem asphaltierten Radweg entlang. Auch da ist es heiss, zu heiss. Nach einem kurzen Aufstieg erreichen wir die slowenisch-österreichischen Grenze am Wurzenpass und gönnen uns ein kühles Getränk in einer Gaststätte mit einem gespächigen, humorvollen Wirt. Österreich hat uns charmant empfangen.
Der Aufstieg, der darauf folgt ist nicht ganz ohne. Der nette Wirt hat uns abgeraten diesen Steig hoch zu gehen. Es sei viel bequemer der Strasse zu folgen. Aber wir zwei Gämsen entscheiden uns für den Steig. Sehr sehr steil steigen wir den Wald hoch. Wieder mal lassen wir den Schweiss aus allen Poren fliessen. Die Himbeeren am Weg versüssen uns den Aufstieg und geben auch immer wieder einen guten Grund anzuhalten. Der Aufstieg ist kurz und heftig und bald schon sind wir auf der Seltschacher Alm, wo der Sessellift nach Arnoldstein ins Tal saust. Bevor wir uns ins heisse Tal fahren lassen, schlecken wir wieder mal ein Eis.
In Arnoldstein haben wir uns ein Hotelzimmer reserviert und geniessen den warmen Sommerabend mit lesen, schreiben, einem feinen Salat und können da auch unsere Vorräte neu aufstocken.