Wandermeile
Via Alpina Arnoldstein- Nassfeld
Am nächsten Morgen fährt uns der Ortsbus von Arnoldstein zuück auf den Wanderweg der Via Alpina. Schon früh stehen wir an der Bushaltestelle, da es nicht viele Busverbindungen gibt. Wir sind froh, so früh unterwegs zu sein, da wir fast 2000 Höhenmeter im Aufstieg vor uns haben und es wieder heiss werden will. So erhoffen wir uns einen kühleren ersten Teil des Aufstieges.
Aber oh Schreck, im Bus merke ich, dass ich meine Wanderstöcke an der Bushaltestelle liegen gelassen habe. Ratlos und ärgerlich (Hanspeter ärgert sich auch über meine Schusseligkeit) stehen wir etwas verloren in Unterthörl und beraten was wir jetzt tun wollen. Wir beschliessen ohne Stöcke weiterzugehen, halbherzig meinerseits. Vor einem Haus sehe ich eine Frau rauchend im Garten. Kurzentschlossen frage ich sie, ob sie mich nicht nach Arnoldstein fahren könnte und wieder zurück. "Jetzt?", fragt sie. "Ja jetzt", ist meine Antwort. Das gehe gar nicht, meint sie, da sie erst aufgestanden sei. Ich will mich etwas enttäuscht von Dannen machen, als sie meint: "Mein Mann fährt jetzt nach Arnoldstein zur Arbeit, Sie können mit ihm fahren." Dann geht alles schnell, ich lasse den Rucksack bei Hanspeter, der sich eine schattige Bank gesucht hat, packe Handy und Geld ein und sitze bald schon bei diesem netten Mann, der mich nach Arnoldstein fährt. Und da stehen sie ganz unschuldig an der Bushaltestelle, meine Wanderstöcke. Ich stehe an die Strasse und probiere mit Autostopp wieder zurück nach Unterthörl zu kommen. Das erste Auto hält auch gleich an aber die ältere Frau will nicht nach Utnerthörl. Schade! So stehe ich ein paar Minuten an der Strasse, aber kein Auto hält mehr an. Da fährt ein Taxi vor und ich packe die Chance und frage den Taxifahrer, ob er schon einen Auftrag habe. "Ja, ich muss Ausschau halten nach einer verwirrten Schweizerin, die ihre Wanderstöcke verloren hat, und so schnell wir möglich wieder zurück zu ihrem einsamen Mann nach Unterthörl muss." Ich grinse über beide Ohren und steige ein. Auf der Fahrt erzählt mir der Taxifahrer, dass er zwei deutsche Wanderer von Arnoldstein nach Unterthörl gefahren habe und da sei mein Mann auf der Bank gesessen und habe ihm den Auftrag gegeben, nach seiner Frau in Arnoldstein Ausschau zu halten. Was für eine glückliche Fügung. Das ganze hat mich 15 Euro, 45 Minuten und etwas Nerven gekostet aber ich bin so froh wieder mit den Stöcken unterwegs zu sein.


Die 1000 Höhenmeter auf die Göriacher Alm ist steil aber ich bin so froh, dass sich das Malheur mit meinen Wanderstöcken zum Guten entwickelt hat, dass ich sehr beschwingt hoch steige. Auf der Göriacher Alm können wir bei einer Almhütte Wasser tanken. Es werde in zwei Stunden gewittern, meint der Älpler. Diese Aussage macht uns etwas nervös, haben wir doch noch gute 4h30 Wanderzeit vor uns. Wir stiefeln schnell weiter. Es ist eine anstrengende Etappe, das wissen wir. 7h30 reine Wanderzeit sollen es sein. Der 800m Abstieg machte mich hässig. Jetzt so weit aufgestiegen, dann wieder alles runter mit dem Wissen, dass es danach wieder 800 Höhenmeter bergauf geht. Ich bin froh, als wir auf dem Bartolosattel ankommen und uns wieder an den nächsten Aufstieg machen können. Bis jetzt keine Anzeichen von Gewitter und wir gehen den Rest des Tages etwas ruhiger an. Kurz vor der Achomitzer Alm treffen wir einen Via Alpina Wanderer aus Frankfeich. Sein Rucksack sieht schwer aus und er erschöpft. Er habe sich verirrt und einen grossen Umweg gelaufen, erzählt er. Auch er ist auf dem Weg auf die Feistritzeralm genau wie wir. Uns geht es gut und wir packen auch noch den letzen Aufstieg, vorbei an einer schönen Kapelle, Maria Schnee und bald schon erreichen wir die Feistritzer Alm mit vielen Pferden und Mutterkühen. Auch die zwei Deutschen sind schon da und heute Abend halten wir einen ausgiebigen Schwatz zusammen. Andrea und Ole sind erfahrene Wanderer, haben schon eine mehrwöchige Tour durch Norwegen ans Nordkapp geschafft und sind auch jetzt für mehrere Wochen auf der Via Alpina unterwegs. Solche Begegnungen sind immer bereichernd und spannend. Erfahrungen auszutauschen, Menschen treffen, die ähnlich ticken und auch die Begeisterung des Fernwanderns teilen.
Wir nächtigen im Mehrbettzimmer, zusammen mit Andrea und Ole und dem erschöpften Franzosen, der im Laufe des Abends auch angekommen ist. Hanspeter und ich sitzen noch lange draussen, schauen über Land und sind zufrieden mit uns und der Welt.
Am nächsten Morgen hat sich der Franzose früh auf die Socken gemacht, aber bald merken wir, dass er die Wanderstöcke vergessen hat. Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen. Geht es Anderen also gleich. Ich stecke mir die Stöcke an den Rucksack, da der Franzose das gleiche Ziel hat wie wir. Aber bevor wir startklar sind, kommt er zurück, holt die Stöcke und marschiert wieder davon. Auch wir sind startbereit und schon nach 45 Minuten Wanderzeit erreichen wir eine bewirtete Alm, wo wir ein zweites Frühstück geniessen. Auch Andrea und Ole lassen sich die Gelegenheit nicht entgehen. Als wir da so entspannt sitzen, Gugelhopf essen und Kaffee trinken, stiefelt der Franzose mit langen Schritten vorbei. Komisch, er war doch vor uns. Ob er eine Abzweigung verpasst hat? Auf jeden Fall ist das das Letzte was wir von ihm gesehen haben. Auf unserer Weiterwanderung wird er uns nicht mehr begegnen,. Auch nicht am nächsten Etappenort.
Mit Gugelhopf im Bauch steigen wir hoch, wo wir oben auf dem Sattel andere Wanderer aus Österreichtreffen, wie auch Andrea und Ole. Wir geniessen die Pause in Gesellschaft und wandern eine kurze Zeit mit Andrea und Ole weiter.
Der Weiterweg auf die Egger Alm ist gemütlich und wir kommen früh an und logieren im Gasthaus zur alten Käserei. Der Aufstieg ins Massenlager ist der steilste und abenteuerlichste Abschnitt dieses Tages. Eine schmale Leiter führt unters Dach wo sich Matraze an Matraze reihen. Das Mehrbettzimmer ist voll belegt und sehr eng, kaum Platz für die Rucksäcke. Die Stimmung aber ist friedlich und es nehmen alle Rücksicht aufeinander.
Wir sitzen lange draussen, zusammen mit Andrea und Ole und einem Paar aus Hamburg, die auf dem karnischen Höhenweg unterwegs sind. Es ist ein entspannter und gemütlicher Abend.
Unser letzter Wandertag ist angebrochen. Nochmals lacht die Sonne vom Himmel und es soll nicht ein anstrengender Tag werden. Forstwege, aber auch schwierigere Passagen, die Trittsicherheit verlangen wechseln sich ab. Wir geniessen unsere letzte Wanderung sehr und auch wenn die Landschaft durch Lifte, Liftstationen und Speicherseen etwas verschandelt wurde. Ich wäre noch gerne auf den Gatnerkofel (2195m) hochgewandert, aber Hanspeter ist es zu heiss. Wir beschliessen den Gipfel am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang zu besteigen, so zu sagen als Bergabschied.
Wir nächtigen oberhalb von Nassfeld in einem 4 Bett Zimmer, das wir aber für uns alleine haben. Nassfeld ist eine Sommer- wie auch eine Wintersportort. Da gibt es viele Hotels, Ferienwohnungen, Aktivitäten, Seilbahnen und vieles mehr. Demenstsprechend auch viele Touristen. Für heute ein Glück für uns, gibt es doch mit der Gästekarte einen Gratistransport ins Tal. Diesen Service nehmen wir für unsere Heimreise gerne Anspruch.
Aber jetzt verbringen wir den Nachmittag im gemütlichen Plattner Alpenhotel. Mit dem Kaiserschmarren haben wir uns etwas überschätzt und das Abendessen fällt dann auch spärlich aus.